Sein innerstes Wesen tritt hier ans Licht

05.03.2025 | Geistlicher Impuls von Präses Christoph Wittmann

"In jedes Menschen Gesichte steht seine Geschichte. Sein Leiden und Lieben deutlich geschrieben. Sein innerstes Wesen, es tritt hier ans Licht! Nicht jeder kann's lesen, verstehn jeder nicht."

Dieses Gedicht las ich in den Faschingstagen bei einer Wanderung in Südtirol. Es erinnert mich an die beginnende Fastenzeit:

Masken runter und ab damit in die Kostümkiste. Was für einen Kontrast doch der Aschermittwoch darstellt im Vergleich zu den ausgelassenen Faschingstagen. Waren viele in den letzten Tagen damit beschäftigt, sich aufwendige Kostüme auszudenken, anzufertigen und zu tragen, so heißt es ab heute: es geht um dich, ungeschminkt, ohne Maske.

Für mich ist eine solche Aufforderung befreiend, weil ich sein kann, wie ich bin. Ich muss vor Gott keine Rolle spielen und nichts zur Schau stellen. Es geht auch nicht darum, anstrengende Performance abzulegen, sondern sich im Alltag zu bewähren, diesen als „geschenkte Zeit“ zu sehen, in der ich sein darf, wie ich sein kann.

Das Evangelium gibt uns drei Aufträge für die Fastenzeit mit: Almosen geben, Beten und Fasten.

Almosen sind mehr als finanzielle Spenden. Almosen bezeichnen gute Werke, die ich an anderen verrichte: die Sorge für alte und kranke Menschen, für die am Rand der Gesellschaft Stehenden, Sorge um die Aufgaben der Kirche, Solidarität mit den Notleidenden.

Beten bedeutet, mich in der Gegenwart Gottes zu wissen. Das bin ich als Mensch immer und an allen Orten, auch dann, wenn es mir nicht bewusst ist. Beim Beten setze ich mich Gott voll und ganz aus und mache mir bewusst, dass er da ist und ich mit ihm sprechen kann – über mein Leben und meine Bedürfnisse, über meine Sorge um andere Menschen.

Am schwersten fällt mir persönlich das Fasten, der Verzicht auf Speise und Trank aus religiösen Motiven. Doch auch beim Fasten geht es um mehr: den Verzicht auf Konsum und Medien, die mich ablenken von meinen Fragen und meiner Beziehung zu Gott. Das Fasten macht mich frei von dem, was mich oft hindert, mir die Fragen nach dem Sinn meiner Handlungen zu stellen.

Im Evangelium werde ich aufgefordert, fröhlich und motiviert in die 40-tägige Fastenzeit oder österliche Bußzeit zu gehen, mir bewusst zu machen, dass Gott mich kennt und trotzdem liebt und dass Fasten und Verzicht die Freude steigert auf die Feier der Auferstehung an Ostern.

Präses Christoph Wittmann
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"In jedes Menschen Gesichte steht seine Geschichte. Sein Leiden und Lieben deutlich geschrieben. Sein innerstes Wesen, es tritt hier ans Licht! Nicht jeder kann's lesen, verstehn jeder nicht." Bild: privat