Zeugnis statt Macht

09.11.2024 | Geistlicher Impuls von Rosalia Walter

Beim Bundeshauptausschuss in Trier hat Rosalia Walter, Geistliche Leiterin des Bundesverbandes, einen Impuls gehalten, der in Streiflichtern der Vision des Diözesanvorstandes Ausdruck verleiht.

Geistlicher Impuls BHA 2024 in Trier am 9. November 2024

Guten Morgen liebe Kolpinggeschwister.

Heute haben wir einen arbeitsreichen Tag vor uns. Ein Blick auf die Tagesordnung lässt daran keinen Zweifel. Trotzdem oder gerade deswegen ist es gut und wichtig, dass wir uns nicht sofort in die Arbeit stürzen, sondern jetzt erst einmal innehalten.

"Menschen auf dem Weg durch die dunkle Nacht, habt Vertrauen, der Tag bricht an! Christus hat der Welt das Licht gebracht, hebt die Augen und schaut ihn an." lautet der Refrain eines Neuen Geistlichen Liedes.

Dieses Lied passt gut zu uns. Wir sind auf dem Weg durch eine dunkle Nacht. Unsere Nacht heißt Angst, Hoffnungslosigkeit, Unverständnis und Orientierungslosigkeit. Viele Fragen stellen sich für die Zukunft. Wir müssen uns ihnen stellen und sie entscheiden. Letztlich geht es um die Frage: Kolping - quo vadis?

Diese Nacht der großen Herausforderungen wollen wir erhellen mit viel Arbeit, mit Optimierungsmaßnahmen, mit Erklärungen und Strukturdebatten. Doch durch was kann diese Nacht wirklich erhellt werden?

Der Refrain des geistlichen Liedes weist den Weg. Er ermuntert uns Vertrauen zu haben, denn Christus hat der Welt das Licht gebracht. Auf dem Weg durch die dunkle Nacht ist es entscheidend, die Augen zu heben und ihn anzuschauen. Ja, das lege ich heute Jedem und Jeder von uns ans Herz: Hebt die Augen und schaut ihn an. Nur wenn wir die Augen heben und ihn wirklich anschauen, kommen wir durch die dunkle Nacht.

Heute steht der Verband genauso wie die Kirche vor der großen Herausforderung des Überlebens.

Felix Gmür, Bischof von Basel stellt fest:

„Nicht nur die Zeit der Volkskirche ist vorbei, auch die Zeit der Angebotskirche, in der Seelsorge-Profis Dienstleistungen insbesondere an Lebenswenden anbieten. Zukunft hat die Zeugniskirche, in der engagierte Christen als Vorbilder ihren Glauben im konkreten Alltag leben.“

Für den Verband umformuliert heißt dies: Vorbei ist die Zeit des Angebotsverbandes, in dem Profis und überdurchschnittlich Engagierte ein Programm anbieten, das die Mitglieder konsumieren.

Zukunft hat der Zeugnisverband, in dem engagierte Christen als Vorbilder „an ihrem Platz das Beste tun“, um es mit den Worten Adolph Kolpings zu sagen.

Aufgrund der Herausforderungen: Von der Volkskirche zur Zeugniskirche?

Vom Gesellenverein zum Kolpingwerk und zum Zeugnisverband?

Dies klingt gewöhnungsbedürftig. Das Wort Zeugnis geht nicht so leicht über die Lippen. Zeugnis wird gegeben durch Handeln aus Überzeugung.

Heute, in einer Zeit der vielen Angebote, des unüberlegten Geschwätzes, der lauten Parolen und der Programmvielfalt, wird nach Zeugen gefragt. Nicht nach Machern! Nicht Macher, die Angebote machen, Kampagnen initiieren, Strategien und Papiere entwickeln sind gefragt, sondern Zeugen. Also Menschen, die aus Überzeugung handeln.

Wo Macher am Werk sind, entsteht Macht, und die sie ausüben sind in Versuchung ein Machtwort zu sprechen, sie werden Machthaber.

Die Zukunft der Kirche, sicher auch die Zukunft des Kolpingwerkes ist nicht machbar. Bei all unserem Engagement dürfen wir nicht vergessen, dass wir nicht die Macher sind, sondern, dass wir Zeugen sein sollen.

Zeugen, geprägt vom Geist der Zuversicht, nicht der Verzagtheit, denn, so ruft es uns Paulus zu: „Jesus Christus ist der Herr“ (Phil 2,11). Er hat der Welt das Licht gebracht.

Habt Vertrauen und hebt die Augen. Dann können wir gelassen und zuversichtlich sein, weil uns klar ist, dass die Letztverantwortung nicht in unserer Hand liegt.

Als die Emmausjünger auf dem Weg durch die dunkle Nacht sind, wird es hell, als sie mit ihm reden und ihn sehen. Danach fragen sie: Brannte nicht unser Herz?

Brennt unser Herz, damit wir mit unserem Engagement Zeugnis geben für den Herrn? Nur, wenn wir Vertrauen haben, die Augen heben und ihn anschauen kann er in uns ein Feuer entfachen.

Ohne dieses Feuer können wir nichts tun, denn nur Brennende können entzünden, nur Angesteckte können Zeugen sein. Ohne Feuer sind wir Macher und unser Machwerk ist Asche.

Die Zukunft gehört den Zeugen, nicht den Machern.

Und darum lasst uns beten:

Herr Jesus Christus, sende uns den Heiligen Geist, damit wir dich als unseren Herrn erkennen,  Vertrauen haben und unseren Glauben im konkreten Alltag leben.

Lass uns auf dich schauen, anstatt auf unser Können und unsere Leistung zu setzen.

Schenke uns ein brennendes Herz, so dass erkennbar wird, dass wir in deinem Namen handeln. Wir wollen deine Zeugen sein, damit das Kolpingwerk Zukunft hat.

Amen

 

 

 

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Bild: Barbara Purschke