SA-Schläger gehen auf Kolping-Gesellen los

07.06.2018 | Heute vor 85 Jahren

Vor 85 Jahren beginnt in Deutschland die Machtergreifung der Nationalsozialisten: Im Juni 1933 gehen in München SA-Schlägertrupps auf Kolping-Gesellen los und der Gesellentag wird blutig niedergeschlagen. Ein historischer Rückblick.

Eigentlich war alles gut vorbereitet und gut geplant: Zum ersten deutschen Gesellentag reisten am 8. Juni 1933 ca. 28.000 Teilnehmer aus allen Teilen Deutschlands nach München. Sie hatten ihr schwarz-oranges Banner mit sich und viele trugen orange Hemden - orange/schwarz sind die Farben des Kolpingwerkes. Am Samstag sprach Vizekanzler von Papen. Abends kam es zu Ausschreitungen und Überfällen: SA-Truppen in ihren braunen Uniformen verprügelten in ganz München Kolpingssöhne, zogen ihnen die orangen Hemden aus und verbrannten teilweise ihre Banner.

Welche bizarren Vorgänge in dieser Nacht stattfanden, schildert Kardinal Faulhaber in seinen Notizen: In der Nacht von Freitag auf Samstag seien SA-Truppen in das Gesellenhaus Sommerstraße eingedrungen, hätten dort zuerst Hakenkreuzfahnen aufgezogen, diese dann aber später wieder heruntergeholt, weil sie "durch die Nachbarschaft mit den Kolpingfahnen entehrt würden". In dieser Nacht wurden auch einige Unterkünfte durchsucht und die orangen Hemden beschlagnahmt.

Nach diesen Ausschreitungen musste die für Sonntag vorgesehene Pontifikalmesse abgesagt und der Gesellentag auf Geheiß der Bayerischen Politischen Polizei vorzeitig aufgelöst werden. Die offizielle Begründung war, dass "eine große Anzahl der Teilnehmer des Gesellentages ohne Rücksicht auf die erregte Stimmung in der Bevölkerung in einer Uniform auftrat, die in ihrer Farbe dem Braunhemd ähnlich war".

Damit war klar, dass das NS-Regime keine anderen Bewegungen neben sich duldete. Es wurde klar, dass Deutschland in Richtung eines diktatorischen Systems ging, das jegliche Individualität und Personalität unterdrückte. Im Rückblick hätte man schon damals erkennen können, dass das zeitgleich verhandelte Konkordat, auf das viele Katholiken ihre Hoffnungen stützen, von Hitler nur als Farce gedacht war. Die NS-Ideologie war nicht vereinbar mit der katholischen Kirche. Für das Kolpingwerk war kein Platz im Ideologiegebäude. Nur wenige Wochen später wurde dann das Konkordat unterzeichnet, das u.a. festlegte, dass katholische Vereinigungen nur innerhalb staatlicher Verbände tätig werden dürfen. Das Kolpingwerk wurde eine "inner-kirchliche Organisation". Nicht mal ein Jahr später legte Robert Ley, der "Führer der Deutschen Arbeitsfront" fest, dass es unmöglich sei, gleichzeitig Mitglied der DAF und des katholischen Gesellenvereins zu sein. Einzelne Kolpingsfamilien wurden zwangsweise aufgelöst, das Vermögen beschlagnahmt. Das Vereinsleben kam weitgehend zum Erliegen.

Um so erstaunlicher ist es, dass nach dem Krieg das Kolpingwerk wieder rasch an Bedeutung gewann. Heute engagieren sich 400.000 Mitglieder in 62 Ländern, davon 240.000 in den 2500 Kolpingsfamilien in Deutschland.

Alfons Barth - Kolpingsfamilie München-Zentral
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Teilnahmekarte zum Gesellentag 1933 von Alois Birmer aus der Kolpingsfamilie Kirchseeon (Foto: KF Kirchseeon)

Kolpingsfamilie München-Zentral