Erwartungen

01.12.2022 | Adventsmpuls von Christoph Wittmann

Diözesanpräses Christoph Wittmann gibt uns einen geistlichen impuls zum Beginn der Adventszeit.

Mein Alltag besteht aus Erwartungen: an Menschen, an Ereignisse, an Politik und Gesellschaft, an mein Leben. Ich erwarte, dass es mir gut geht und die Welt friedlich bleibt, dass es keinen Krieg in unserem Land gibt und die Wirtschaft funktioniert, dass ich finanziell über die Runden komme, dass mich andere wahr- und ernstnehmen…

So vieles kann ich erwarten – und auch nicht. Manches habe ich aufgegeben, weil von diesem oder jenem wenig oder nichts mehr zu erwarten ist. Manchmal werden meine Erwartungen zwar übertroffen, aber oft stelle ich einfach zu hohe Erwartungen an mich und andere. Und oft sage ich ganz selbstbewusst, dass der andere von mir bloß nichts zu erwarten hat oder dass er nicht einmal erwartungsvoll schauen soll, schließlich kann ich nicht alle Erwartungen erfüllen.

Der Advent ist traditionell die Zeit der Erwartung. Das Weihnachtsfest steht an, vielleicht Anlass, Besuch zu erwarten oder gut ausgesuchte und mit Liebe ausgedachte Geschenke. Aber auch eine Zeit, in der Erwartungen enttäuscht werden, weil ich es mir eigentlich viel besinnlicher und stimmungsvoller vorgestellt hätte und noch vieles zu erledigen gewesen wäre vor Weihnachten…

Unser Leben ist die Zeit großer und enttäuschter Erwartungen. Es ist nun einmal so, dass ich manche Erwartungen anderer nicht erfüllen kann und dass auch meine oft unerfüllt bleiben.

Doch wie ist es mit Gott? Was erwarte ich von ihm oder habe ich da meine Erwartungen auch schon längst aufgegeben?

Die Bibel spricht davon, dass er unsere Erwartungen alle erfüllen kann und wird – später einmal, am Ende der Zeit. Aber er tut es auch heute schon, indem sein Reich schon unter uns sichtbar und spürbar wird – dort, wo wir über unsere Erwartungen an andere sprechen, sie austauschen und klären. Wo wir unserer Enttäuschung Raum geben und sie aussprechen, damit mein innerer Friede wächst. Wo wir andere fragen, was sie eigentlich von uns erwarten und klären, was wir von ihnen erwarten würden. Wo Verständigung geschieht und das Verständnis wächst, dort wird Gottes Reich spürbar.

Oft braucht es nicht viel mehr, als ein offenes Wort – so wie damals in Bethlehem, als das ewige Wort Mensch geworden ist, damit wir in menschlichen Worten Göttliches kundtun. Worte haben Gewicht, schon aus unserem Mund und wie viel mehr aus dem Mund Gottes. Das göttliche Wort ist ewig – und wir dürfen helfen, es in die Welt hineinzusprechen.

Christoph Wittmann, Diözesanpräses Kolpingwerk München und Freising
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Der geistliche Impuls von Christoph Wittmann (Foto:Stock)