Der Stern von Bethlehem – Wahrheit oder Erfindung?

18.12.2020 | Alle (zwanzig) Jahre wieder

Unter der Schirmherschaft der Kolpingsfamilie Markt Schwaben wird die Sternwarte Wind betrieben. Theodor Hamm von der Sternwarte erzählt von der sogenannten "Großen Konjunktion", die in diesem Jahr wieder zu sehen ist und für einige als "Stern von Bethlehem" gilt.

Alle 20 Jahre wieder… gibt es den „Stern von Bethlehem“ zu sehen, so auch heuer. Doch was ist dieses Ereignis eigentlich genau? Woher kommt es? Warum nur alle 20 Jahre? 

Begeben wir uns zurück zu den Quellen. In der Bibel lesen wir bei Matthäus (Mt. 2,1.9):
"Als Jesus zur Zeit des König Herodes in Betlehem in Judäa geboren war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihm zu huldigen. [...] Und der Stern zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen." 

Im Grunde genommen gibt es drei Möglichkeiten zur Deutung des Ereignisses: Die erste ist die Möglichkeit einer Wunder-Geschichte, also einem Mirakel, wie es ja einige in der Bibel gibt. Dann besteht die Möglichkeit eines spätantiken Mythos, was ungefähr einer Legende entspräche. Auch solche sind damals wie heute in nicht geringer Anzahl bekannt. Und dann gibt es da noch die rein wissenschaftliche Sicht, nämlich die eines historischen Tatsachenberichts. Vermutlich ist es wie bei vielen Evangelien eine Mischung aus Tatsachenbericht und Glaubenszeugnis. In unserem Abschnitt scheint letzteres zu überwiegen, da in dem Text keine mythischen oder mirakelhaften Elemente enthalten sind. Deshalb stellt sich die Frage, um welches wissenschaftlich erklärbare Ereignis es sich handeln könnte:

Um das näher eingrenzen zu können, sei zunächst ein Blick auf die vorhandenen Indizien gerichtet. Unser gesuchtes Himmelsschauspiel müsste um circa acht bis vier vor Christus aufzufinden zu sein, denn der erwähnte Herodes starb im Jahre 4 vor Christus. Die Sichtbarkeit dieses Ereignisses müsste sich von Babylon, woher die Heiligen Drei Könige kamen, bis nach Palästina, dem Geburtsort von Jesus, erstreckt haben. Auch müsste es über einen längeren Zeitraum zu sehen gewesen sein, da die Könige ja eine weite Strecke von circa 800 km zurückzulegen hatten. Aus wissenschaftlicher Sicht kann man zudem davon ausgehen, dass so einem auffälligen, besonderen Ereignis eine große astrologische Bedeutung beigemessen wurde. Sonst hätten sich niemals mehrere Personen auf einen solch beschwerlichen Weg gemacht.

Komet, Supernova oder Große Konjunktion

Unter diesen Annahmen lassen sich wiederum drei Vermutungen ableiten: Erstens, dass diese Himmelserscheinung möglicherweise ein Komet ist. Als solcher käme nur der Halley´sche Komet in Frage, der um 12 vor Christus schon einen großen Bekanntheitsgrad hatte. Dies wäre ein deutliches Anzeichen dafür, dass dieser Komet der Stern von Bethlehem sein könnte. Allerdings trat er vier bis acht Jahre zu früh auf, als dass er den drei Weisen aus dem Morgenland als “Wegweiser“ hätte dienen können. Deshalb kommt er wohl doch nicht in Betracht, so gut er sich als Bethlehemsstern, dem Symbol der Zeitenwende, auf den ersten Blick geeignet hätte. Außer es hätte einen bisher nirgendwo dokumentierten Kometen gegeben.

Zweitens wäre als Himmelsereignis eine Supernova denkbar. Eine Supernova ist die Explosion eines Sternes, die durch helles Aufleuchten am Himmel über einen längeren Zeitraum gekennzeichnet ist. Auch so eine Erscheinung am nächtlichen Himmel könnte das Interesse der Heiligen Drei Könige auf sich gezogen haben. Mangels Belegen und weil Supernovae selten sind, ist es jedoch mehr als unwahrscheinlich, dass es damals ausgerechnet eine Supernova gegeben haben kann. Außerdem hatten Supernovae eine sehr geringe Symbolkraft für die Menschen, da sie einfach zu selten in Erscheinung traten. Als weder positiv noch als negativ empfundenes Zeichen eignete es sich nicht für eine elementare Bibelstelle, in der alles mit einer Bedeutung, einem Symbolcharakter versehen ist.

Drittens gilt es noch, die Möglichkeit einer besonderen Konstellation hell erscheinender Planeten in Erwägung zu ziehen. Im fraglichen Zeitraum im Jahre sieben vor Christus fand eine sog. „Große Konjunktion“ statt. Diese besteht aus der scheinbaren Nähe der Planeten Saturn und Jupiter. Dadurch leuchten die beiden Planeten auffallend hell und sind somit auch für Laien und mit bloßem Auge als markantes Himmelsschauspiel weithin erkennbar. Durchaus also für die gebildeten Weisen aus dem Morgenland. Die Große Konjunktion tritt alle zwanzig Jahre in Erscheinung.

Und der Schweif?

Zusätzlich kann man annehmen, dass sogar eine Art Schweif zu sehen war, der allen Besuchern des Stalls von Bethlehem in Kombination mit den hellen Planeten quasi als Zeichengeber die Richtung angezeigt hat. Dieser auf allen Weihnachtskarten charakteristische Anhang des Sterns von Bethlehem könnte dadurch zustande gekommen sein, dass das sogenannte Zodiakallicht - am Horizont in der Dunkelheit als schwacher Lichtkegel erkennbar - den Weisen aus dem Morgenland gewissermaßen als Wegweiser gedient haben könnte. Zum Zeitpunkt der Großen Konjunktion zu Christi Geburt stand dieser Kegel so, dass es aussah, als habe er seinen Ursprung in der Großen Konjunktion. Was zur Folge hatte, dass sie von den Heiligen Drei Königen wie ein großer Pfeil gedeutet wurde.

War die Große Konjunktion nun definitiv der Stern von Bethlehem? 

Das bleibt offen. Es lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob es sich um eine seltene Planetenkonstellation, eine noch seltenere Supernova oder doch um einen nicht dokumentierten Kometen handelte. Aufgrund relativ vieler Angaben bei Matthäus darf man wohl mit einiger Sicherheit ausgehen, dass es sich bei der schönen Geschichte in der Bibel nicht ausschließlich um irgendeinen erfundenen Mythos handeln dürfte, der über mehrere Generationen weitergegeben wurde, sondern um einen zumindest partiellen Tatsachenbericht, welcher in Teilen über historische Informationen verfügt.

Und was ist mit heuer?

Die Große Konjunktion findet am 21.12. 2020 statt und ist gegen 17:00 h mit Blick in Richtung Südwesten knapp über dem Horizont zu sehen. Durch die Betrachtung eingestimmt, kann man in diesem Jahr wieder einmal daran zurückdenken, dass es jenes Ereignis ist, das die Geburt Jesu im Stall angezeigt haben und die Heiligen Drei Könige dazu bewegt haben könnte, nach Betlehem zu ziehen. Und ist dies nicht am Ende doch eine kleine Wundergeschichte? 

Theodor Hamm, Sternwarte Wind
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Eine Bildmontage wie die Planeten bei der "Großen Konjunktion" Ende Dezember stehen werden (Foto: Georg Bayer)
Ebenfalls eine Projektion der Großen Konjunktion aus Jupiter und Saturn (Foto: Johannes Knöferle)
Vielleicht war es die Große Konjunktion im Jahre 6 v. Chr. (Foto: Johannes Knöferle)

Kolpingsfamilie Markt Schwaben